Dienstag, 18. Dezember 2018

Hartz-IV-Debatte im Sächsischen Landtag

Medial wahrscheinlich wenig beachtet war es der Leipziger Inernet Zeitung eine Nachricht wert.

Am 14. Dezember debattierte der Sächsische Landtag nicht nur über den Wald, sondern auch über „Armut per Gesetz“. Die Linksfraktion hatte den Prioritätenantrag „Hartz IV abschaffen – sanktionsfreie Grundsicherung einführen!“ (Drucksache 6/15521) gestellt. Immerhin diskutiert ja die SPD mittlerweile über die Abschaffung von „Hartz IV“ und eine ehrlichere Grundsicherung für Arbeitslose. Aber wirklich streitbar zeigten sich nach der Debatte eher Linke und Grüne. 

Donnerstag, 1. November 2018

SPD und die Debatte ums Grundeinkommen

Viele fragen sich, wie hält es die SPD mit dem Thema "Bedingungsloses Grundeinkommen"? Dass die Diskussion zu diesem Thema durchaus vorhanden ist, konnte man schon vor einiger Zeit erkennen, als Berlins Oberbürgermeister Michael Müller medienwirksam von seiner Idee eines solidarischen Grundeinkommens sprach. Damit aber von der Grundintension eines Bedingungslosen Grundeinkommens abwich.

Einen schönen Einblick zur Lage der SPD zu diesem Thema gab es nun in einem Artikel von Tobias Heimbach in der Zeitung "Welt".

Deutlich wurde, dass bei der Basis, den einfachen SPD-Mitgliedern, das Thema Bedingungsloses Grundeinkommen größeren Zuspruch erfährt als bei den Funktionären. 
Noch ist die Skepsis bei altgedienten SPD-Führungskräften wie Stegner groß.

Doch es gibt auch anderweitige Enwicklungen wie die von Simone Lange, Flensburger SPD-Oberbürgermeisterin und Befürworterin eines Bedingungslosen Grundeinkommens.
Sie will zudem als Kandidatin für den Parteivorsitz gegen Andrea Nahles kandidieren.

Freitag, 5. Oktober 2018

Vortrag im Einklang

Gestern gab es von Frederik einen Vortrag zum Thema: "BGE - Irrweg oder Ausweg?" in den Räumlichkeiten des Praxis und Seminarraums "Im Einklang" im Herzen der Stadt Leipzig. Der Vortrag hielt sich inhaltlich an dem bereits im Frühjahr im Haus der Demokratie gehaltenen

Dennoch ist jede Veranstaltung wieder eine neue Herausforderung und die anschließende Diskussion zeigte auch, das hier und da Gesprächsbedarf bestand.
So wurde das Wort "bedingungslos" noch einmal unter die Lupe genommen und es wurde klar, dass dieses Wort nur in Beziehung zu den 4 Punkten stehen kann, die ein Bedingungsloses Grundeinkommen definieren, nämlich:

  • die Existenz sichern und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen,
  • einen individuellen Rechtsanspruch darstellen sowie
  • ohne Bedürftigkeitsprüfung und
  • ohne Zwang zu Arbeit oder anderen Gegenleistungen garantiert werden 
Das dies streng genommen 4 Bedingungen sind, ist sicher nachvollziehbar. Aber diese Diskussion scheint auch innerhalb der Grundeinkommensszene sehr wichtig zu sein, denn es gab in diesem Jahr bereits ein Frankfurter Manifest, auf dem der neue Begriff "Emanzipatorisches Grundeinkommen" eingeführt wurde. Dazu findet man auch einen Eintrag auf unserem Blog: Emanzipatorisches Grundeinkommen.

Wir hoffen, dass die Veranstaltung weiteren Anklang gefunden hat und wir bald mit noch mehr Infos die Idee des Grundeinkommens diskutieren können.

BGE-Vortrag im "Im Einklang"

Mittwoch, 3. Oktober 2018

Woche des Grundeinkommens - Kleiner Eindruck

Die Woche des Grundeinkommens ist nun schon wieder Geschichte.
In Leipzig gelang es uns leider nicht in dem erforderlichen Ausmaße den Fokus auf dieses Thema in die örtliche Öffentlichkeit zu tragen. Dazu fehlte es uns an Manpower um hier mehr auf die Beine zu stellen.
Aber immerhin, das Bodenplakat wurde fleissig präsentiert, besonderen Dank geht hier an Volkmar, der sich hier in vorbildlicher Weise engagierte.
Vielleicht können wir mal einen kleinen Workshop zum Thema: "Wie gestalte ich meinen Drahtesel öffentlichkeitswirksam?" unter fachlicher Anleitung von Volkmar durchführen. U.a. kann dabei erötert werden, wie man mit Software große A3-Drucke anfertigen kann.

Unten noch ein Eindruck nach getaner Arbeit mit dem Bodenplakat in der Öffentlichkeit. Eine kleine Manipulation am Bild hab ich mir erlaubt. Wer kann es finden? ;-)

In der Leipziger Innenstadt mit Bodenplakat


Dienstag, 18. September 2018

Meine Erfahrungen in der Öffentlichkeitsarbeit für Grundeinkommen


In den Gesprächen mit den Menschen an unserem Bodenplakat tauchten auffällig oft diese drei Vorstellungen über das Grundeinkommen auf. Hier möchte ich mal meine Antworten darauf erwähnen:  

1. Grundeinkommen ist ungerecht und deshalb abzulehnen.
In diesen Fällen frage ich immer, was als ungerecht empfunden wird, und habe dann verschiedene Antwortmöglichkeiten.
Es macht manches einfacher und gerechter, weil:
- das Nachrechnen entfällt, ob sich Arbeitsaufnahme lohnt oder nicht (sobald ich einer Gelderwerbsarbeit nachgehe, habe ich mehr, als ein Mensch, der 'nur' Grundeinkommensbezieher ist)
- die Neiddiskussion wird wesentlich geringer, da alle von der gleichen Basis ausgehen
- Steuervereinfachungen wie z.b. die Abschaffung des Kinderfreibetrags und Kindergelds werden möglich  

2. In Finnland wurde Grundeinkommen getestet und das Experiment ging schief.
Hier frage ich immer, wo denn diese Information her ist (gab aber bis jetzt noch keine konkrete Antwort). Ausführliche Informationen dazu gibt es auf grundeinkommen.de Weiterhin gibt es einen aktuellen Artikel, der genau meine Beobachtung mit aufgreift: Grundeinkommen in Finnland? Grundsätzlich sollte der Aufgeklärte wissen: Der Versuchsaufbau ist folgendermaßen gestaltet: 2000 Erwerbslose aus ganz Finnland erhalten für zwei Jahre eine bedingungslose Zahlung von 560 Euro im Monat (ein partielles Grundeinkommen). Als Kontrollgruppe werden ebenso viele Erwerbslose untersucht, welche weiterhin die bisherigen Leistungen der Arbeitslosenversicherung erhalten. Um belastbare Ergebnisse zu bekommen, die nicht zum Beispiel durch die Grundeinstellung der Teilnehmenden zum Grundeinkommen beeinflusst werden, ist die Teilnahme am Experiment nicht freiwillig. Erst zur Beendigung des Experiments (Dezember 2018) können die Ergebnisse ausgewertet werden.  

3. Grundeinkommen haben wir doch heute schon:
Dazu eine kurze Übersicht (angelehnt von einer Auflistung der Bundesarbeitsgemeinschaft Grundeinkommen): 
Heutige Absicherung                         Grundeinkommen
nur für Bedürftige                             alle Menschen
bedürftigkeitsgeprüft                        nicht bedürftigkeitsgeprüft
Haushalt-/Familienbezug                   Individualbezug (individuell garantiert)
Gegenleistungs- oder Arbeitszwang   kein Zwang zur Gegenleistung
beide sollen Existenz sichern und Teilhabe ermöglichen

Schön, dass in Torgau zum Tag der Sachsen über 400 Menschen an unserer Umfrage teilnahmen (das Plakat lag insgesamt für 24h aus)
Dank der fleißigen Mithilfe von Falk, Dieter und Felix
hatte ich mehr als 200 Broschüren im Gepäck, die ich dann mit Holgers und Bens Hilfe unter die Leute brachte. Einige kannten auch noch nicht die Aktion von mein-grundeinkommen.de und haben dankbar die Einzelinformation dazu mitgenommen. Zu meiner Überraschung konnte ich dem Ministerpräsidenten auch auf das Grundeinkommen hinweisen ohne dass er meiner Meinung nach  richtig zuhörte :-)

Ich hoffe, ich konnte mit dem Blogeintrag ein paar hilfreiche Tipps für alle Menschen geben, die mit der Bodenfrage unterwegs sind.

Dienstag, 11. September 2018

Zukunft der Arbeit

Wie schon im Beitrag "Interessante Diskussion zum BGE" erwähnt, ist die Frage nach der Entwicklung von Arbeitsplätzen im Zuge der Digitalisierung immer wieder gern diskutiert. In folgendem SPIEGEL-Interview mit dem Chefredakteur des US-Medienkonzerns Bloomberg kommt es zu der Frage, was mit den Journalisten passiert, wenn zukünftig Maschinen die Artikel schreiben können. Mr. Micklethwait hat dazu seine eigene Meinung, die darauf hinausläuft, dass es neue Arbeitsplätze geben wird, weil die Anforderungen an Journalisten sich ändern werden. Ein sehr interessantes Statement und sicher zu beachten, er sitzt ja quasi an der Quelle des Journalismus.

Ich kann also noch mal wiederholen, was bereits geschrieben steht. Es wird weniger um die Anzahl der Arbeitsplätze* gehen, die sich durch die Digitalisierung ändern, als mehr um den Charakter der Arbeitsplätze. Menschen werden in Zukunft viel häufiger Jobs annehmen und wieder beenden. Das wird fragmentierter sein als bisher. Und in dieser Hinsicht ist ein BGE immer ein gutes Netz, dass für die Phasen, in denen man keinen Job hat, einen sicher auffängt. Das sollte im Mittelpunkt einer Diskussion stehen.

Hier der Link


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*streng genommen sind es Einkommensplätze und keine Arbeitsplätze, auch das ist wichtig vor dem Hintergrund einer Diskussion um das BGE

Sonntag, 2. September 2018

Woche des Grundeinkommens

Schon zum elften Mal wird traditionell im September bundesweit die Woche des Grundeinkommens ausgerufen. Diesmal geht sie vom 17.09.-23.09.

Wer sich mit einer Idee beteiligen möchte, kann sich gern bei uns melden.
Wer noch nach Ideen sucht, kann sich auf der Webseite "Woche des Grundeinkommens" informieren.

Einen Veranstaltungsplan für alle Veranstaltungen findet man hier.

Wer sich noch weiter informieren möchte, kann im untenstehenden Video ein paar Inspirationen sammeln und bei Bedarf auch gerne weiter teilen! 

Denn das Thema Grundeinkommen bedarf weiterhin einer kontinuierlichen Öffentlichkeitsarbeit.

Wir werden voraussichtlich am 23.09. mit einer Bodenplakataktion in der Leipziger Innenstadt dabei sein.


Samstag, 21. Juli 2018

Emanzipatorisches Grundeinkommen

Im Moment wird wieder über die Bezeichnung des Grundeinkommens diskutiert. Im Mittelpunkt steht dabei die Formulierung eines "emanzipatorischen" Grundeinkommens. Auf einer Ende Mai in Frankfurt / Main stattgefundenen Arbeitstagung zum Thema: "Digitalisierung? Grundeinkommen!" wurde ein Papier entworfen welches unter dem Namen "Das Frankfurter Manifest" derzeit in der Öffentlichkeit diskutiert wird.
In diesem Manifest wird der Begriff des emanzipatorischen Grundeinkommens entwickelt und beschrieben. Mit diesem Manifest soll der Auftakt für weitere Veranstaltungen zu diesem Thema gegeben sein. Die Auftaktveranstaltung fand übrigens interessanterweise im Gewerkschaftshaus des DGB in der Frankfurter Innenstadt statt. Als Vertreter für das Grundeinkommen waren besonders politisch Aktive von der Partei Die Grünen, Piraten, Attac und die LINKE vor Ort.

Es gibt eine Unterstützerliste für das Frankfurter Manifest. Wer will kann sich hier anmelden und damit als Unterstützer aktiv werden.

Selbstverständlich gab es auch Kritik dazu. Auf dem Blog "Denkfabrik Grundeinkommen" erschien ein Eintrag, der sich inhaltlich mit dem Frankfurter Manifest auseinandersetzte und diskutable Formulierungen hervorhob. Besonders die Gefahr einer zunehmenden Ideologisierung des BGE wird diskutiert. 

Ganz neu ist die Formulierung "emanzipatorisches Grundeinkommen" allerdings nicht. Bereits 2008 war diese Bezeichnung im Netzwerk Grundeinkommen diskutiert worden. Auch damals gab es bereits eine Erklärung dazu. Warum es jetzt nötig war, einen neuen Anlauf zu nehmen, wird man vielleicht noch erfahren.

Samstag, 14. Juli 2018

Auf Werbe-Tour...

Für die am 24.07. stattfindende Veranstaltung "Perspektiven auf eine zukunftsfähige Ökonomie" mit der Umweltbibliothek haben wir das schöne Wetter an einem Sonntag genutzt um noch mal mit Bodenplakat in die Leipziger Parklandschaft zu ziehen und Interessenten auf das Thema Grundeinkommen und speziell auf die obige Veranstaltung aufmerksam zu machen.



Also nicht vergessen! Wir sehen uns am 24.07. um 19.00 Uhr in der Umweltbibliothek, Bernhard-Göring-Str. 152, Leipzig. Der Eintritt ist frei.

Montag, 21. Mai 2018

Interessante Diskussion zum BGE

Dieses Video macht grad die Runde. Na, das war ja mal ein tolles Aufeinandertreffen von Philosophie und Unternehmertum alter Schule namens Ulrich Grillo. Letzterer ein entschiedener Gegner des BGE, hatte aber keine wirklich innovativen Gründe um gegen ein BGE zu sein.

Hier die Auseinandersetzung, bei Minute 17:30 geht es dann um das Grundeinkommen, aber auch alles davor ist schon interessant mit anzuhören.


Was ich dazu noch anmerken möchte:

Die Frage, ob und wie viele Arbeitsplätze durch die Digitalisierung hinzukommen oder wegfallen ist nur eine Frage. Sie wird oft benutzt um jeweils pro oder contra BGE zu streiten. Dabei ist auch wichtig, wie diese neue Arbeitswelt in Zeiten von Digitalisierung aussehen wird. Im Spiegel Ausgabe 36 von 2016 widmete man sich auch diesem Thema. "Mensch gegen Maschine" so der Titel, war sogar auf dem Cover der Spiegelausgabe zu sehen. In dem Artikel selber warf man einen interessanten Satz ein: "Der Crowdworker ist der Arbeitertypus der Industrie 4.0 - so wie im 19. Jahrhundert die industrielle Revolution den Fabrikarbeiter hervorbrachte." Und diesen Crowdworker beschreibt man als freien Mitarbeiter, der auf virtuellen Plattformen nach Gelegenheiten für einen Auftritt ("Gig") sucht. Also nach einen Job. Diese neue Arbeitswelt ist eine Welt, in der jeder viele Jobs erledigt. Aber unsere sozialen Sicherungssysteme sind nicht auf diesen neuen Arbeitertypus eingestellt. Und deshalb wäre ein Grundeinkommen eine gute Lösung. Damit hätte dann auch Häni, der Schweizer Unternehmer Recht als er sagte: So wie der Sozialstaat die Antwort auf die Industrialisierung war so ist das Grundeinkommen die Antwort auf die Digitalisierung.

Mittwoch, 16. Mai 2018

Vortrag "BGE - eine Chance für die Weiterentwicklung der Demokratie"

Gestern fand unser Vortrag zum Thema "BGE - eine Chance für die Weiterentwicklung der Demokratie" im Haus der Demokratie in Leipzig statt. Frederic aus unserer Initiative hielt dazu einen Vortrag, den er gemeinsam mit Eyk ausgearbeitet hatte. Über die drei großen Stichworte: "Freiheit" - "Gleichheit" und "Geschwisterlichkeit"* ging er der Frage nach, was ein Grundeinkommen für die Gesellschaft und den Einzelnen bedeuten kann und weshalb es so wichtig ist, über diese Idee nachzudenken. Dabei fanden sowohl gesellschaftliche Aspekte wie die wachsende Ungleichheit im materiellen Vermögen Beachtung als auch persönliche wie die psychologische Wirkung von Existenzangst, wie sie heute durch die sich immer weiter ausweitenden prekären Beschäftigungsverhältnisse in weiten Teilen der Gesellschaft einzieht.
In einem interessanten Gedankenexperiment lud er die Teilnehmer ein, die Fragen der Gerechtigkeit und Verteilung neu zu durchdenken. Dieses Gedankenexperiment trägt den Namen "Schleier der Unwissenheit" und ist von John Rawls ursprünglich konzipiert worden.
Auf Youtube kann man diesem Gedankenexperiment noch einmal folgen:


Anschließend gab es noch genügend Zeit um mit den Teilnehmern ins Gespräch zu kommen und Fragen zu beantworten. Dabei ging es vor allem darum, das Thema Grundeinkommen als einen Bildungsauftrag zu verstehen, weniger um bereits konkrete Modelle vorzustellen.
Eine gelungene Veranstaltung, die gern eine Fortsetzung erfahren kann. Wer also Interesse hat, kann sich gerne melden und Bescheid geben, wir kommen auch gerne zu Vereinen oder anderen Organisationen.


*Die Losung "Freiheit-Gleichheit-Geschwisterlichkeit" leitet sich von dem Spruch der Aufklärung: "Freiheit-Gleichheit-Brüderlichkeit" ab. Ist halt auf die moderne Zeit angepasst. Der Sinn bleibt derselbe.

Samstag, 5. Mai 2018

Veranstaltungshinweis zum Grundeinkommen

Am 15.05. gibt es im Haus der Demokratie (Bernhard-Göring-Str. 152, Leipzig) eine Veranstaltung zum Thema: "Das Bedingungslose Grundeinkommen - eine Chance für die Weiterentwicklung unserer Demokratie!?" Zwei engagierte Mitstreiter aus unserer Initiative werden dazu einen Vortrag halten der anschließend mit einer Diskussion mit den teilnehmenden Gästen komplettiert werden soll.

Beginn ist 18.00 Uhr!

Eintritt ist frei!

Wir hoffen auf reges Erscheinen!

Übersicht Veranstaltungen im Haus der Demokratie

Dienstag, 23. Januar 2018

BGE und Arbeitsplätze

Das BGE und die Diskussion um die Arbeitsplätze.


Jeder, der sich schon mit dem BGE beschäftigt hat, wird eines der wichtigsten Argumente schon gehört haben, nämlich, dass aufgrund der technologischen Entwicklung (Stichwort Digitalisierung und Industrie 4.0)  eine Abnahme von Arbeitsplätzen zu verzeichnen sein wird und das ein Grundeinkommen, sofern es den 4 Kriterien entspricht, hier ein wichtiges Instrumentarium darstellt um den sozialen Frieden in der Gesellschaft nicht zu gefährden.
Es ist auf der anderen Seite festzustellen, dass Kritiker des BGE auch dieses Argument nicht gelten lassen wollen und nicht an eine Abnahme von sozialversicherungspflichtiger Erwerbsarbeit glauben. Womit man also rechnen muß, ist, dass BGE-Zweifler hier an diesem Argument gern Widerspruch anmelden.

Nur ein kurzer Streifzug soll die Problematik etwas näher erläutern.

Mitte der 90er Jahre erschien das Werk "Das Ende der Arbeit" von Jeremy Rifkin und sorgte für entsprechendes Aufsehen. Darin zeichnete Rifkin ein Bild der modernen Arbeitswelt, welches durch Automatisierung und der Ausbreitung der Informationstechnologie gekennzeichnet ist und was seiner Ansicht nach zur Folge hat, dass Millionen Arbeitsplätze in verschiedenen Bereichen verloren gehen werden und es bisher dafür keinen Ersatz gibt.
Als mögliche Lösungsstrategie schlägt Rifkin bereits in diesem Buch die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens vor.

Kann man sowohl von Titel als auch der inhaltlichen Argumentation von einer Extremposition bezüglich des Verlustes von Arbeitsplätzen sprechen, reihen sich dennoch viele weitere Einschätzungen in diese Tendenz ein, wenn vielleicht auch nicht so radikal wie bei Rifkin.

Interessant ist z.B. folgende Schlagzeile vom Focus, die just am letzten Tag des Jahres 2017 erschien: "Wir werden fast alle arbeitslos"

Auf Rifkin wird dabei gar nicht eingegangen und doch klingt die Überschrift fast als würde es Rifkins These bestätigen.
Die Argumente sind dementsprechend auch ganz ähnlich. Erstaunlich ist, dass es mit dem Focus sogar ein eher konservatives Medium genötigt sah, solch einen Artikel zu veröffentlichen.

Aber auch gemäßigtere Stimmen wie z.B. Richard David Precht, ein in öffentlichen Medien gern gesehener Talk-Show-Gast und seines Zeichens Philosoph sehen diesen bedeutungsvollen Wandel mit einem massiven Verlust an Arbeitsplätzen einhergehen und bringt folgerichtig die Idee vom Grundeinkommen ins Spiel.



Oder auch ein Günther Verheugen, der als ehemaliges Mitglied der Europäischen Kommission neulich in einer anderen Talkshow zum Thema Europäische Union die Zukunft in der Arbeitswelt verbunden mit einem massiven Stellenabbau kommen sieht.



Über das Grundeinkommen sprach er zwar nicht, aber in der Frage nach dem Wandel in der neuen Arbeitswelt (bei ca Minute 27:40) ist auch hier der warnende Ton nicht zu überhören, der diesen Umbruch in der Arbeitsmartkpolitik als problematisch sieht.Und zwar im europäischen Kontext!

Während auf der einen Seite also die Stimmen vermehrt lauter werden, die diesen Wandel kommen sehen, gibt es auf der anderen Seite Leute, die dieser Argumentation nichts abgewinnen können.
Ganz vorneweg steht da beispielgebend die derzeitige Arbeitsministerin Frau Andrea Nahles von der SPD, die kurzum von einer "verkackten These" spricht, wenn es um das Ende der Arbeit geht.

Ihre Hauptkritikpunkte sind dann in Bezug auf das BGE, dass dieses zu pauschal wäre, wenn es an alle verteilt wäre, dass das Grundeinkommen zu teuer wäre, dass schlecht bezahlte Jobs dann nicht mehr gemacht würden und dass sie selbst nichts davon hält, vom Staat so abhängig zu sein.
An dieser Stelle soll nicht auf die einzelnen Kritikpunkte eingegangen werden, das wäre Gegenstand eines eigenen Posts aber man sollte dies Gegenargumente zumindest im Hinterkopf behalten um zu verstehen, was BGE-Kritiker denken.

Frau Nahles schlägt im übrigen ein Startguthaben in Höhe von 15.000 bis 20.000 Euro vor, über welches jeder nach dem 18. Lebensjahr verfügen könne um damit Weiterbildungen u.a. Dinge zu erkaufen.

Neben der etwas grobschlächtig daher kommenden Andrea Nahles gibt es noch eine Reihe weiterer Kritiker, die das Argument des Verlustes von Arbeitsplätzen so nicht gelten lassen wollen.

So meint Andreas Tiedtke auf der Plattform des Ludwig von Mieses Institut, einer eher liberal ausgerichteten Vereinigung, dass der bei Strukturumbrüchen durch wirtschaftlichen Wandel entstandene Arbeitsplatzverlust immer ausgeglichen wurde durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze. So waren die Menschen im vorindustriellen Zeitalter hauptsächlich im Agrarsektor tätig gewesen. Als durch das Aufkommen von Maschinen plötzlich nicht mehr soviele Arbeitskräfte gebraucht worden waren, sind neue Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich entstanden, einem völlig neuen Wirtschaftssektor in dieser Größe. Dieses Argument hat sicher Beachtung verdient, denn wie Tiedtke schreibt:

"Es wäre nicht vorstellbar, dass sich heute Menschen mit der Herstellung von Elektrofahrrädern, Stand-Up Comedy, Smartphones, Fernsehgeräten, Staubsaugern, Büchern, Erziehung, Kosmetik etc. beschäftigten, wenn nach wie vor der größte Anteil der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft tätig sein müsste."
Insofern geht er davon aus, dass auch die Digitalisierung neue Wirtschaftszweige hervorbringen wird, die den Arbeitsplatzverlust auf der einen Seite durch Neuschaffung von Arbeitsplätzen auf der anderen Seite aufwiegt.

Man kann sicher einiges an dem Artikel kritisieren wie auch generell die ideologische Ausrichtung des Ludwig von Mieses Institut, aber das Argument mit dem Austausch der Arbeitsplätze im Zuge wirtschaftlichen Wandels kann man nicht so ohne weiteres abtun.

Genauso wie der Herr Lars Peter Feld - seines Zeichens „Wirtschaftsweiser“ im „Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“ bei einer der zahlreichen Talkshows bei Illner im ZDF sagte, dass es diesen massiven Arbeitsplatzverlust nicht geben wird und er davon spricht, dass diese Folgerung schlichtweg falsch sei. (bei  ca. Minute 44:40):



Ganz ähnlich wie Tiedtke vor ihm erwähnt er den Prozess des Neuschaffens von Arbeitsplätzen durch das Aufkommen neuer Beschäftigungsfelder.
Er ging damit auf die vor ihm sprechende Unternehmerin Sina Trinkwalder ein, die genau die Themen Arbeitsplatzverlust und Grundeinkommen ansprach vor allen Dingen auch in Bezug auf die SPD, um die es in der Sendung eigentlich ging. Es lohnt sich, die kritische Auseinandersetzung an der Stelle mal anzusehen.

Wie man also nach der Lektüre der entsprechenden Artikel sehen kann wird es nicht einfach sein, das Argument, dass sich ein BGE durch die Digitalisierung und die damit verbundenen Arbeitsplatzverluste legitimiert, stichhaltig zu begründen.

Auch dieser Post kann hier nicht die Frage restlos klären aber zumindest einen weiteren Denkansatz aufzeigen.

Ganz aktuell ist ein Artikel von Dr. Holger Schmidt auf der Internetseite "netzoekonom.de" erschienen, der diese Problematik ebenfalls aufgreift und wie ich finde, einen weiteren wichtigen Aspekt mit einbringt. Auf der einen Seite wird der Arbeitsplatzverlust ebenso festgestellt, wie das BGE-Befürworter tun, auf der anderen Seite wird aber in folgender Weise unterschieden:  Dr. Schmidt differenziert den Arbeitsplatzverlust in der Weise, dass er prognostiziert, dass es Jobs der Mittelschicht sein werden, die besonders bedroht sind. Es wird also kein genereller Arbeitsplatzverlust erwartet sondern in einem bestimmten Bereich des Arbeitsmarktes. Im Gegenzug zu diesem Wegfall von Arbeitsplätzen wird sich der Anteil von Arbeitsplätzen für Hochspezialisierte als auch für Niedrigqualifizierte erhöhen! Er beruft sich dabei auf aktuelle Erhebungen, die zeigen, dass derzeit in allen entwickelten Volkswirtschaften diese Tendenz zu erkennen sei.

Hier kann man zumindest als BGE-Befürworter ein Argument für sich herauslesen, nämlich, wenn dies so ist, dann wird diese Entwicklung zu Ungleichheiten in der Gesellschaft führen, die nur bis zu einem gewissen Grad befriedet werden können. Übersteigt dies ein gewisses Maß ist der gesellschaftliche Frieden bedroht und es wird notwendig sein, sich über neue Ideen Gedanken zu machen wie die Gesellschaft fair und gerecht gestaltet werden kann wozu dann auch ein BGE zählen kann.

Schmidt hat übrigens in einem weiteren Artikel auf netzoekonom.de genauere Zahlen zur Entwicklung der Arbeitsplatzzahlen vorgelegt: So werden nach ihm ca. 490 000 Arbeitsplätze in den kommenden Jahren wegfallen. Im Gegenzug werden ca. 430 000 neue Arbeitsplätze entstehen, so dass in Summe ca. 60 000 Arbeitsplätze wirklich wegfallen. Das sei nach ihm nicht wirklich besorgniserregend, es hätte schon größere Strukturverschiebungen gegeben. Die neuen Arbeitsplätze werden übrigens in den Wirtschaftsbereichen IT, Naturwissenschaft, Unternehmensberatung, Lehre und Design erwartet.
Für seine Ausführungen stützt er sich auf die Untersuchungen des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB).

Dennoch kann man auch zu dieser Sichtweise Gegendarstellungen finden. Im Spiegel 36 aus dem Jahre 2016 gab es einen großen Artikel "Mensch gegen Maschine" in dem dieses Thema ebenso breit ausformuliert wurde. Die Autoren des Artikels erwähnen auch das Argument, dass durch Strukturwandel altes zwar vernichtet wurde aber immer wieder Neues geschaffen wurde. Doch mit dem Beginn der Roboter, so sagen sie, geschah ein fundamentaler Wandel im Verhältnis zwischen Mensch und Maschine und deshalb könnte es diesmal zum ersten Mal anders sein was das Verhältnis von verschwindenden zu neu geschaffenen Arbeitsplätzen betrifft.

Abschließend noch ein weiterer Gedankensprung, aus einer ganz anderen Ecke nämlich der Natur. Vielleicht werden wir Menschen auch bald wieder ganz viele Arbeitsplätze in der Landwirtschaft haben aus einem ganz einfachen Grund: Die Bienen und viele andere Insekten sterben aus. Der Bestand an Insekten soll laut Forschungsberichten ca. 75% zurückgegangen sein. Eine mehr als alarmierende Zahl. 
Wenn die Bienen nicht mehr die Blüten bestäuben können, gibt es auch keine Früchte mehr. In China hat man deshalb schon aus der Not eine "Tugend" gemacht und Menschen übernehmen die Arbeit des Blütenbestäubens! Wer weiß, vielleicht sieht so die Zukunft für uns aus.